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 Autor Thema: Bio in Gefahr!
Klaus Faisner
Datum: 28.01.2007 12:10 Antworten Als Email verschicken Kontakt: klaus.faissner@chello.at

Betreff: Bio in Gefahr!
 

„Bio" in Gefahr
Noch nie war „Bio" so. gefragt wie heute. Noch nie stand „Bio" so im Schussfeld der Medien - was angesichts der drohenden Schwächung der industriellen Landwirtschaft nicht verwunderlich wäre. Doch nun macht sich die EU daran, die biologische Landwirtschaft zu unterwandern und mit der offiziellen Zulassung von Gentechnik-Verschmutzung zu zerstören. Bio-Verbände spielen dabei eine zweifelhafte Rolle.

Weihnachten 2005 war für viele Freunde, Vertreter und Aktive der biologischen Landwirtschaft wohl kein reines Fest der Freude: Am 21. Dezember des Vorjahres hatte die EU-Kommission einen Entwurf zur Novelle der EU-Bio-Verordnung vorgelegt. Niemanden hatte Sie zuvor in die Karten, schauen lassen, Bauern, Bio-Verbände und der Handel erhielten keine konkreten Informationen. Mit Schaudern denken manche Bio-Funktionäre an „informelle Gespräche mit provokanten Thesen" mit Vertretern der EU-Kommission zurück, die zwischen Tür und Angel stattfanden. „Uns wurde gesagt, dass wir Verbände aufgrund unserer strengeren Vorschriften Handelshemmnisse wären", erklärt Thomas Dosch, Präsident des größten deutschen Bio-Verbandes Bioland.
Was zuerst als „Scherz" gehalten wurde, stellte sich letztlich als bittere Realität heraus: Eine Gentechnik-Verunreinigung durch Pollenflug von bis zu 0,9 Prozent sollte erlaubt werden und die Kommission wollte keine strengeren Qualitätsbestimmungen für Bioprodukte zulassen, als in der EU-Verordnung vorgesehen. Gerade für österreichische oder deutsche Bioware würde dies zu einer deutlichen Abwertung führen. Außerdem sollten Nicht – Bio - Produkte als ökologisch dargestellt werden dürfen, was bisher verboten war. Ein Produkt namens „Öko-Kracher, in dem kein einziger Bio-Bestandteil enthalten ist, wäre demnach beispielsweise möglich, erläutert Dosch.
Durchpeitschen trotz Kompromisspapiers?
Die EU-Kommission schaffte wie so oft Tatsachen, denen die Betroffenen nachlaufen müssen. Aufgestachelt durch die Bioverbände hat die schwarzrote deutsche Bundesregierung am schärfsten gegen das Gesetzesvorhaben protestiert und führt damit die Kritiker an. Im November legten Deutschland und Frankreich einen Vorschlag auf den Tisch, der für die Bio-Verbände grundsätzlich akzeptabel gewesen sei, meint Dosch. Prompt wurde auch der Passus, dass Verbände keine strengeren Qualitätsbestimmungen haben dürfen, gestrichen - vor allem aber deshalb, um die Regelung (unter Umständen sogar ohne Zustimmung des EU-Parlamentes) eventuell sogar durch den Ministerrat am 18. Dezember 2006 zu peitschen. Doch in einem Punkt kam es noch dicker: Wenn ein Hersteller beispielsweise in einer konventionell hergestellte Süßigkeit ein paar Tropfen Biomilch verwendet, soll er auf der Verpackung dies in der Form von „enthält Bio-Milch"
kennzeichnen dürfen. „Es besteht die Gefahr, dass der Begriff „Bio" inflationär gebraucht wird", befürchtet der Bioland-Präsident.
Bio-Verbände für Grenzwert von 0,9%
So sehr sich in erster Linie Dosch, aber auch Vertreter anderer europäischen Verbände gegen die Aufweichung der Standards stark machten, so sehr schwiegen sie zunächst zum Vorhaben, für Bio-Produkte denselben Grenzwert wie für konventionelle Produkte offiziell festzulegen - 0,9 Prozent


für eine „technisch nicht vermeidbare" Kontamination, beispielsweise über Pollenflug. Jetzt sprachen sich deutsche und österreichische Vertreter jedoch dafür aus. Dies sei ein Schutz für den Bio-Bauern, dass seine Produkte im Falle einer geringen Kontamination von außen nicht zurückgerufen werden, so Dosch. „Wir fordern Null als Grenzwert für alle gentechnikfreien Betriebe, aber wollen keine Diskriminierung für konventionelle Landwirte." Damit befinden sich die meisten Bio-Verbände und auch politischen Vertreter was den Grenzwert betrifft auf einer Linie mit EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel. Doch worauf soii sich der Konsument verlassen, wenn er nicht mehr sicher gehen kann, dass Bio-Ware zu 100% gentechnikfrei ist - auch was ungewollte Kontamination betrifft? Noch ist es nicht zu spät, aber die Bio-Verbände scheinen in dieser Frage zu versagen. So hängt es an jedem Einzelnen, mit massiven Protesten gegen den drohenden Untergang der biologischen Landwirtschaft anzukämpfen (siehe Aktion S.15).
Text: Klaus Faißner
im unabhängiger Bauernzeitung
 
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